In zahlreichen Pilotversuchen verabschieden sich Beschäftigte von der traditionellen Arbeitswoche. Doch an nur 4 Tagen das zu schaffen, was vorher 5 Tage gedauert hat – kann das funktionieren?

Wer an einem Freitag bei Vereda anrufen will, sollte sich einen guten Grund einfallen lassen. Das Büro am Rande der westfälischen Stadt Münster steht an diesem Tag leer. Im Homeoffice arbeitet auch niemand. Am Telefon ist lediglich eine Bandansage zu hören, die darauf hinweist, dass die Firma freitags geschlossen ist. Für den Notfall wird eine Handynummer genannt.

Vereda, eine Digitalagentur, die Websites und Onlineshops für mittelständische Firmen einrichtet, hat vor einem Jahr die 4-Tage-Woche eingeführt. Die Notfallnummer sei seitdem erst einmal gewählt worden, berichtet Firmengründer Julian Junghöfer. Es ging um einen Serverfehler, der mit wenigen Klicks behoben war. Mit anderen Worten bedeutet das: Die 4-Tage-Woche funktioniert, hier jedenfalls.

In einem Blogbeitrag auf der eigenen Website berichtet die Agentur von den Vorteilen des Modells: Die Angestellten seien gesünder, sie arbeiteten produktiver und kreativer. Außerdem könnten sie Arbeit und Privatleben besser vereinbaren. Der Arbeitgeber zahlt zwar das gleiche Gehalt weiter, doch er profitiert von den besseren Leistungen der Angestellten und gewinnt außerdem an Attraktivität.

Das alles klingt nach einer idealen Arbeitswelt. Doch die Realität sieht gerade etwas anders aus. Nach der Coronakrise droht die nächste Rezession. Wegen Inflation und Energiekrise bangen Menschen und Betriebe um ihre Existenzen. Hinzu kommt das Fachkräfteproblem. Hunderttausende offene Stellen können kaum nachbesetzt werden. Braucht es da nicht, wie manche in Politik und Wirtschaft bereits fordern, mehr Arbeit, mehr Einsatz, mehr Überstunden? Schafft die 4-Tage-Woche nicht nur neue Probleme?

Darüber haben sich auch die Mitarbeiter:innen bei Vereda Gedanken gemacht. Zwar war das Gründerteam sofort von dem Modell überzeugt. Den Anstoß gegeben hatte ein Artikel in einem Wirtschaftsmagazin, den einer der Gründer mitbrachte. Doch es brauchte viele weitere Gespräche, Recherchen und den Austausch mit anderen Firmen, die schon länger so arbeiteten. Danach entschied das Team, die Arbeitszeit testweise auf 32 Stunden zu reduzieren. Dann würde man weitersehen. »Der Freitag war schon immer etwas ruhiger. Deshalb war es naheliegend, den freien Tag auf den Freitag zu legen«, sagt Julian Junghöfer. Außerdem wollten die Mitarbeitenden eine feste Struktur beibehalten.

Das Team ließ sich ein halbes Jahr Zeit, um das neue Modell vorzubereiten. Vereda holte sich professionelle Beratung, informierte Kunden und passte die Arbeitsverträge an. Es musste aber auch irgendwo Zeit gespart werden, um sich den freien Tag leisten zu können. »Einfach zu sagen, ich streiche 8 Stunden und bezahle das gleiche Geld weiter, ist nicht möglich«, sagt Junghöfer. Also strich das Team Meetings, verbesserte Abläufe und schuf klare Zeitvorgaben, zum Beispiel für die Erstberatungen mit anderen Firmen.

In der Praxis stellte sich dann heraus, dass das alles nicht zu mehr Stress führt. Ganz im Gegenteil: »Für die Mitarbeiter ist es ein großer Vorteil, einen zusätzlichen freien Tag zu haben. Wir arbeiten kreativ, deshalb brauchen wir Zeit und Raum, um uns auch mit anderen Dingen zu beschäftigen«, sagt Julian Junghöfer. Die Testphase ist inzwischen abgeschlossen, die 4-Tage-Woche längst Alltag. »Ich kann mir nicht vorstellen, jemals wieder in eine klassische 5-Tage-Woche zurückzukehren«, sagt Junghöfer.

»Man braucht nicht jedes Jahr mehr und noch mehr Umsatz«

Erfolgsgeschichten von Firmen, die traditionelle Arbeitskonzepte über Bord werfen, werden häufiger. »Wir wollen jetzt schon zusehen, dass wir nicht mit 50 ausgebrannt sind«, sagt Julian Junghöfer. Mentale Gesundheit ist ein zentrales Anliegen junger Arbeitnehmenden, das belegen Studien immer wieder. Auch für Vereda waren die positiven gesundheitlichen Auswirkungen ein ausschlaggebendes Argument für die Einführung der 4-Tage-Woche.

Doch es sind nicht nur moderne Agenturen und Start-ups, die den Schritt wagen. Zuletzt sorgte ein Handwerksbetrieb in Überlingen für Schlagzeilen, weil er mehr Bewerbungen als Stellen verzeichnete. Das ist ungewöhnlich für den Klempnerberuf. Seit Jahren klagt das Handwerk über zu wenig Fachkräfte. Doch der Grund für die Vielzahl an Bewerbungen liegt auf der Hand: die 4-Tage-Woche.

Es gibt viele solcher Beispiele, nachzulesen in Regionalmedien in ganz Deutschland, die die Pioniergeschichten dankbar aufgreifen: Der Tischlermeister in Gütersloh, der Fachkräfte abwerben will. Der Heizungsbauer in Nordhessen, der sich zufriedene und gesunde Angestellte wünscht. Die Friseurin in Bonn. Die Haustechnikfirma in Kassel. Das Autohaus in München.

Oder das Metall- und Glasbauunternehmen Franz Rönnau in Hessisch Lichtenau. Deren Geschäftsführerin Marie-Antoinette Schleier hatte in einem Schwedenurlaub gesehen, dass das Modell dort gut funktioniert. Sie war fest überzeugt, dass die 4-Tage-Woche auch im eigenen Unternehmen klappen könnte. »Ich wollte das unbedingt ausprobieren«,
sagt sie. Doch als sie ihren Angestellten die Idee vorschlug, stieß sie auf Skepsis: »Sie hatten Angst, dass wir die Arbeit nicht mehr schaffen und der Umsatz einbricht«, sagt Schleier, die die Firma seit 1994 leitet. Aber sie gab nicht auf und einigte sich mit ihrem Team darauf, einen 3 Monate langen Test zu starten. Wenn es dann nicht gut lief, würde alles werden wie zuvor, so die Abmachung.

Aber es lief gut. Kein Umsatzeinbruch, die Kundschaft blieb. »Wir können uns gar nicht mehr vorstellen, das zu ändern.« Ähnlich wie bei Vereda war auch hier der Freitag schon immer etwas ruhiger. Die Angestellten arbeiteten halbtags. Um freitags ganz freizuhaben, arbeiten sie jetzt an den anderen Tagen eine Stunde länger. »Meine Jungs stehen eh nicht rum. Und jetzt stehen sie noch weniger rum«, sagt Marie-Antoinette Schleier. Deshalb verzichtet sie auch auf ein System zur Erfassung von Arbeitszeit. Am Ende zählen die Ergebnisse. Man vertraue einander.

»Das hat sich bewährt«, sagt sie. Seit der Einführung der 4-Tage-Woche beobachtet sie, dass ihre Angestellten ausgeglichener und leistungsfähiger seien. »Was dieser freie Tag verändert, kann man nicht beschreiben, wenn man es nicht selbst erlebt hat«, sagt Schleier. Am Montag seien alle wieder motiviert. »Man kommt mit mehr Spaß hierher, wenn man den Kopf auch für andere Dinge frei hat.«

Anders als andere Unternehmen verspricht sie sich allerdings keinen Vorteil für die Gewinnung von Fachkräften. »Ich habe nicht eine Bewerbung mehr als sonst bekommen«, sagt sie. Es gebe auch Vorbehalte. Die Unsicherheit, wie tragfähig diese Arbeitsweise ist und ob es nicht doch einen Haken dabei gibt, schrecke auch Bewerber:innen ab. Sie glaube nicht, dass das Modell als Lösung für den Fachkräftemangel dienen kann. Sie hat eine andere Überzeugung: Der Wert der Freizeit müsse höher angesehen werden. »Man braucht nicht jedes Jahr mehr und noch mehr Umsatz. Das ist der falsche Weg.« Stattdessen solle in den Mittelpunkt rücken, wie Menschen ihr Leben gestalten wollen.

Das weltweit größte Pilotprojekt läuft gerade in Großbritannien

Die 4-Tage-Woche ist längst keine Utopie mehr. Ein Blick ins Ausland zeigt, dass andere Länder sogar schon weiter sind. In Spanien, Island, Japan, Belgien, Großbritannien und den USA wurde die 4-Tage-Woche bereits in größerem Umfang getestet. Viele dieser Versuche wurden aber von Kritik begleitet. Für Aufsehen sorgte vor allem die Arbeitsmarktreform in Belgien. Diese ermöglicht es, dass Beschäftigte ihre Arbeit an nur noch 4 Tagen ausüben können. Eine Arbeitszeitreduzierung gab es nicht. Wer eine 40-Stunden-Woche hat, müsste demnach also 10 Stunden täglich arbeiten. Der Test in Spanien ging mit einer Gehaltsreduzierung einher. Und Japan beließ es zunächst bei Ermutigungen der Arbeitgeber. Die Resonanz war überschaubar. Ein näherer Blick lohnt sich hingegen auf die Pilotprogramme in Island und Großbritannien.

In diesem Artikel erfährst du mehr über die Erfahrungen, die Island im Sommer 2021 mit der kürzeren Arbeitswoche gemacht hat:

In Großbritannien läuft aktuell der bisher größte Test weltweit. Rund 3.300 Beschäftigte aus 70 Unternehmen unterschiedlicher Branchen arbeiten über einen Zeitraum von 6 Monaten nur noch von Montag bis Donnerstag. Sorge vor Überarbeitung oder finanziellen Einbußen müssen die Beschäftigten nicht haben. Die Wochenarbeitszeit wird auf 32 Stunden reduziert, das Gehalt bleibt unverändert. Es handelt sich also um das Modell, das auch Vereda gewählt hat.

Begleitet wird der Versuch von 4 Day Week Global, einer gemeinnützigen Organisation, die Firmen berät, Pilotprojekte initiiert, Forschung unterstützt und ein weltweites Netzwerk rund um das Thema 4-Tage-Woche knüpft. Das Pilotprojekt in Großbritannien läuft noch bis November, doch es gibt erste Ergebnisse. »Mitarbeiter:innen berichten von statistisch signifikanten Veränderungen wie weniger Stress und Burn-out, besserer körperlicher und geistiger Gesundheit und einer höheren Zufriedenheit mit ihrem Leben und ihrer Verfügbarkeit von Zeit«, sagt Joe O’Connor, Geschäftsführer von 4 Day Week Global.

Er erklärt, dass Unternehmen, die in eine 4-Tage-Woche wechseln, häufig 3 Dinge tun:

  • Sie verkürzen und reformieren Meetings radikal.
  • Sie verwenden digitale Tools intelligenter und achtsamer als bisher.
  • Sie gestalten den gesamten Arbeitstag neu, indem sie Phasen für konzentriertes Arbeiten, Meetings und soziale Zeit schaffen.

»Studien zeigen, dass durchschnittliche Arbeitnehmer:innen jeden Tag 2–3 Stunden durch Ablenkungen, nutzlose Besprechungen und schlechte Technologienutzung verlieren. Die 4-Tage-Woche ist also eigentlich schon da«, meint O’Connor.

Genauso sieht es die Wirtschaftspsychologin Vera Starker vom Thinktank Next Work Innovation. Im Juni hat sie eine Studie zu Multitasking und Unterbrechungen bei der Arbeit veröffentlicht. Ermittelt wurde, wie viel Zeit, Energie und Produktivität dadurch verloren geht, dass Beschäftigte ständig erreichbar und abgelenkt sind.

Für die Untersuchung haben 637 in der Wissensarbeit tätige Personen aus 25 Unternehmen Tagebuch geführt. Auf einer Strichliste notierten sie 3 Tage lang in einem bestimmten Zeitraum jede Unterbrechung und gaben die Daten in einer App ein. Vera Starker und ihr Forschungsteam haben die Aufzeichnungen anschließend analysiert und dabei verschiedene Ursachen für die Unterbrechungen gefunden.

»Der Vormittag ist am besten geeignet, um konzentriert zu arbeiten«

Die Ergebnisse wirken erschreckend: Rund 15-mal pro Stunde wurden die Teilnehmenden in ihrer Tätigkeit unterbrochen, also alle 4 Minuten. Aus den Daten ging auch hervor, dass die Beschäftigten 2-mal pro Stunde versuchten, mehrere Aufgaben, bei denen Konzentration nötig ist, gleichzeitig zu bearbeiten. 1,5 Tage pro Woche verbrachten die Befragten in Meetings. Sie gaben an, dass 35% dieser Meetings entfallen könnten, weil sie keine Relevanz für ihre Tätigkeit hätten.

»Es braucht ein größeres Bewusstsein für das Thema«, sagt Vera Starker. Sie weist darauf hin, dass der Anteil von Wissensarbeit seit Jahren an Bedeutung gewinnt. Laut Zahlen der Statistikbehörde Eurostat betrug der Anteil von wissensintensiven Dienstleistungen an der Gesamtbeschäftigung in Deutschland im Jahr 2020 rund 42%. Und obwohl es bei diesen Tätigkeiten besonders auf konzentriertes Arbeiten ankomme, sei der Alltag in vielen Unternehmen geprägt von Lärm in Großraumbüros, Fragmentierung,Multitasking, ineffizienten Meetings und einer Kultur der ständigen Erreichbarkeit, heißt es in der Studie.

Das Forschungsteam macht aber nicht nur eine Bestandsaufnahme, sondern listet auch eine ganze Reihe an Vorschlägen auf, um eine störungsfreie Arbeitskultur zu fördern. Die Schlüsse klingen ähnlich wie bei Joe O’Connor von 4 Day Week Global: eine radikale Meetinginventur, die Überlegung, welche digitalen Tools wirklich nützlich sind, sowie die Einführung von Fokuszeiten, am besten morgens. »Der Vormittag ist in der Regel am besten geeignet, um konzentriert zu arbeiten«, sagt Vera Starker. Morgens sei der Cortisolspiegel am höchsten.

Um konzentriert zu arbeiten, rät sie dazu, Mailprogramme zu schließen und das Smartphone nicht nur auszuschalten, sondern ganz wegzulegen. Die optische Wahrnehmung des Handys reiche schon aus, um uns abzulenken. »Das Belohnungserwartungssystem bringt uns dazu zu denken: Schau doch mal rein.« So stark sei die Interaktion mit dem Handy automatisiert. Das führe dazu, dass wir die Ablenkung aus Gewohnheit oft selbst suchten, auch wenn das Handy gar nicht piepe.

»Für das Gehirn ist nicht die Länge der Unterbrechung entscheidend«, sagt Starker. Schon nach einer Störung von wenigen Sekunden benötige das Gehirn Zeit und Energie, um sich neu zu fokussieren. Daneben sei auch der aufgeräumte Schreibtisch wichtig. »Alles, was reizarm ist, hilft uns.« Man könne auch aktiv an der Konzentrationsfähigkeit arbeiten, etwa durch Lesen: »Wenn ich mir wieder angewöhne, am Stück länger zu lesen, trainiert das die Konzentration.«

Die Wirtschaftspsychologin betont aber, dass konzentriertes Arbeiten keine individuelle Angelegenheit sei, sondern in der Verantwortung von Unternehmen liege. Teams könnten zum Beispiel ausmachen, dass sie jeden Tag 2 Stunden für ungestörte Fokuszeit einrichten. Aus ihrer Sicht könnte mehr störungsfreies Arbeiten erhebliche Produktivitätsgewinne für Unternehmen bringen. »Wir könnten die 4-Tage-Woche ohne Probleme durch mehr konzentriertes Arbeiten gegenfinanzieren.« Das Forschungsteam hat ermittelt, dass Beschäftigte rund 5 Arbeitstage pro Monat durch Multitasking und Unterbrechungen verlieren. Pro Jahr bedeute das für deutsche Unternehmen Kosten in Höhe von etwa 114 Milliarden Euro.

Längere Arbeitszeiten wirken sich negativ auf die Gesundheit aus

Ungeachtet der wissenschaftlichen Erkenntnisse, der erfolgreichenPilotprogramme und der vereinzelten Erfolgsgeschichten aus Deutschland ist die Wirtschaft hierzulande jedoch zurückhaltend beim Thema 4-Tage-Woche. Zuletzt waren sogar vermehrt Stimmen zu hören, die in die entgegengesetzte Richtung deuten. So sprach sich der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Siegfried Russwurm, für eine 42-Stunden-Woche aus. Das hatte zuvor bereits Michael Hüther gefordert, der Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft. Auch der ehemalige Bundeswirtschaftsminister und frühere SPD-Chef Sigmar Gabriel prophezeite anstrengende Jahre und meint, dass Menschen deshalb etwas mehr arbeiten müssten.

FDP-Chef und Bundesfinanzminister Christian Lindner schlug vor, der drohenden Wirtschaftskrise mit »mehr Überstunden« zu trotzen. Nur so könnten wir unseren Wohlstand sichern, twitterte er. Unerwähnt ließ er, dass bereits heute 4,5 Millionen Menschen in Deutschland regelmäßig Überstunden leisten, wie jüngst eine Auswertung des Statistischen Bundesamts zeigte.

Aber warum sind diese Männer eigentlich so überzeugt, dass mehr Arbeitszeit die Lösung ist? »Arbeitszeit wird nach wie vor sehr mechanistisch betrachtet: Mehr Zeit gleich mehr Leistung«, sagt Wirtschaftspsychologin Vera Starker. In diesem klassischen Verständnis könne der Fachkräftemangel durch mehr Zeit bewältigt werden. So komme es zur Forderung nach der 42-Stunden-Woche. Auch für den Organisationspsychologen Roman Briker von der Universität Maastricht, der zum Thema Zeit forscht, kommen die Forderungen nicht überraschend:

»Das sind typische menschliche Reaktionen, wenn Zeitdruck oder Stress existieren. Studien legen nahe, dass Menschen in solchen Situationen versuchen, mehr zu arbeiten, um Projekte oder Aufgaben vermeintlich besser erledigen zu können.« – Roman Briker, Organisationspsychologe und Zeitforscher

Tatsächlich seien längere Arbeitszeiten aber vor allem langfristig kontraproduktiv, weil sie sich negativ auf die Gesundheit auswirkten. Eine Reihe von Metaanalysen zeige, dass längere Arbeitszeiten zu mehr Herzinfarkten und Schlaganfällen führten, mit Gewichtszunahme einhergingen und schon bei leicht steigenden Arbeitszeiten negative Folgen für die psychische Gesundheit entstünden. Das allgemeine Wohlbefinden sinke, die Wahrscheinlichkeit, Depressionen oder eine Alkoholabhängigkeit zu entwickeln, steige. Auch die Beziehungsqualität leide, so Briker. Er verweist dazu auf eine vor Kurzem durchgeführte Metaanalyse von US-amerikanischen Forschenden. Die Studie zeige, dass längere Arbeitszeiten eines Partners die Konflikte in der Beziehung signifikant erhöhten.

»Wir müssen nicht mehr arbeiten, sondern Arbeit anders organisieren«

Der Organisationspsychologe rät deshalb dazu, langfristigere Lösungen für den Fachkräftemangel und die aktuellen Krisensituationen in Betracht zu ziehen. »Die 4-Tage-Woche adressiert generell viele Bedürfnisse nach Autonomie und Flexibilität. Das Interessante ist: Die meisten Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Produktivität nicht absinkt, oft sogar steigt.« Briker geht davon aus, dass die 4-Tage Woche schon bald für viele Unternehmen eine Chance sei, sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren.

Marie-Antoinette Schleier, die Geschäftsführerin des Metallbauunternehmens, ist weniger optimistisch. Bei der Frage, ob sie die 4-Tage-Woche für das Modell der Zukunft halte, muss sie nicht lange überlegen: »Nicht in Deutschland.« Hier herrsche immer noch die Denkweise vor, dass wir am besten samstags und auch noch sonntags arbeiten sollten, um alles zu schaffen. Sie sei hingegen der Ansicht, dass es nicht mehr Arbeitskraft brauche. Es gehe vielmehr um die Frage, wie sie eingesetzt werde. »Wir müssen nicht mehr arbeiten, sondern Arbeit anders organisieren.«

Die Beispiele und Forschungsergebnisse zeigen: Die Einführung einer 4-Tage-Woche ist mehr als eine Streichung von Stunden. Es geht um eine andere Art zu arbeiten. Noch ist es leicht zu behaupten, dass das keine gute Lösung darstellt. Die Argumente klingen meist ähnlich: Das Modell sei zu starr. Zu kompliziert für den Arbeitsmarkt. Zu wenig vereinbar mit einer Geschäftswoche, die montags beginnt und freitags endet. Und wie soll man überhaupt all das schaffen, was man vorher an 5 Tagen geschafft hat?

Kritische Stimmen begleiten jede tiefgreifende gesellschaftliche Veränderung, dafür gibt es in der Geschichte genügend Beispiele wie diese: Als die ersten deutschen Unternehmen Ende des 19. Jahrhunderts den 8-Stunden-Tag einführten, stießen sie auf Skepsis, Pessimismus und Widerstand. Doch die Vorreiterfirmen bewiesen, dass es nicht zu Einbußen von Produktion und Umsatz kam. Am 1. Januar 1919 wurde in Deutschland der 8-Stunden-Tag bei vollem Lohnausgleich eingeführt. Wenige Jahrzehnte später, in den 60er-Jahren, führten zahlreiche Branchen in Deutschland die 40-Stunden-Woche ein. Der Samstag wurde zum arbeitsfreien Tag und nach einigen Jahren etablierte sich das in allen Branchen, sofern möglich, als neue Regel. Die Geschichte der Arbeit erweist sich auch als Geschichte der Verkürzung von Arbeitszeit.

Wiederholt sich das Ganze also jetzt? Wahrscheinlich nicht von heute auf morgen. Doch jedes Pilotprojekt und jedes Unternehmen, das positive Erfahrungen mit der 4-Tage-Woche macht, führt dazu, dass die Gegenargumente weniger überzeugen. Mehr Überstunden gegen die Krise? Das hat eine wachsende Zahl von Digitalagenturen, Metallbaufirmen, Friseurgeschäften, Tischlereien und Autohäusern längst nicht mehr nötig. Die einen sind eben etwas früher dran, die anderen ziehen später nach. Spätestens dann, wenn sich freitags niemand mehr bei ihnen meldet.

 

Stefan Boes
20. September 2022
Hier ist die 4-Tage-Woche keine Utopie mehr
perspective-daily.de/article/2299/8ivrfJUo

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